Ausgabe Mai 2016

Interview mit Aline Coray

Erfolgreiches Startup trotz schwierigem Umfeld

Mit Mut und Engagement zum etablierten Medical-Personaldienstleiter

Aline CorayCEO CarePeople AG

Qualität insbesondere des Netzwerks gehört für Aline Coray zu den Besonderheiten der CarePeople. Sie hat 2013 das auf Privatpflege, Personalverleih und Stellenvermittlung im Gesundheits- und Sozialwesen fokussierte Unternehmen mitgegründet und ist seither Geschäftsführerin des Startups. Frau Coray arbeitet seit 2009 als Personaldienstleiterin im Medical-Sektor, stammt aber ursprünglich aus der Hotelbranche und brachte einen gut gefüllten Rucksack in Sachen Marketing zur Firmengründung mit. Möglich gemacht haben sie die beiden Aktionären von CarePeople, der Unternehmer und Investor Hanspeter Widmer wie das holländische Familienunternehmen Vebego, die der Powerfrau aus dem Zürcher Oberland den Start bei null trotz schwierigem Marktumfeld zutrauten. Mit drei Kollegen aus der Gesundheitsbranche gelang es dem Kader in kürzester Zeit nicht nur die Budgetvorgaben des Businessplans zu erfüllen, sondern ab dem zweiten Jahr auch in den meisten Geschäftsbereichen rentabel zu arbeiten.

Dass dazu eine gehörige Portion Mut gehört, zeigt das Dilemma in dem das Gesundheitswesen bis heute steckt: Wenig attraktiven Arbeitsbedingungen und tiefe Löhne in einem Umfeld, in dem Kostendruck und steigende Patientenzahlen bestimmend sind. Zudem fehlt es an qualifiziertem Personal und die Dienstleistungen sind teuer, weshalb auch schlechter ausgebildete oder billige Arbeitskräfte aus dem Ausland in den Markt drängen.

CarePeople reagiert auf diese Herausforderungen, in dem sich das ganze Team als Partner und Teil der Lösung versteht, wenn es um die Anliegen von Gesundheitsinstitutionen, Pflegefachleuten und Patienten geht. Und dieser Geist wird auch im Gespräch mit Coray spürbar. Wenn die CarePeople-Chefin von der bemerkenswert raschen und positiven Entwicklung des Personalverleihers erzählt, geht es immer wieder um „Qualität“. Denn es geht um Menschen, die von gut ausgebildeten Fachleute in der ganzen Schweiz dort betreuen, wo sie am nötigsten gebraucht werden, wie Coray betont.

Realisator:
Stellen Sie CarePeople doch kurz vor?

Aline Coray:
Wir haben drei Standorte, sind aber in der ganzen Deutschschweiz tätig. Decken also von Bern, Basel und Zürich aus beispielsweise auch die Zentral- und Ostschweiz ab. Zwar sind wir im Raum Bern auch zweisprachig unterwegs, arbeiten aber nicht in der Westschweiz und im Tessin. Intern sind wir aktuell 19 Mitarbeiter, die zumeist aus dem Gesundheitswesen stammen. Momentan haben wir durchschnittlich 200 externe, also pflegende Mitarbeiter pro Monat, die in unterschiedlichen Pensen angestellt sind. Angefangen haben wir 2013 mit den Filialen in Zürich und Bern mit einem vierköpfigen Kader.

Realisator:
Was ist so speziell bei Ihnen?

Aline Coray:
Zunächst einmal kennen wir die Problematik zum Beispiel in den Spitälern, denken Sie nur an die akute Personalknappheit. Doch es gibt hier relativ viele Firmen, die wie wir diesen Bereich abdecken und vor allem gibt es jeden Tag mehr, die auch noch den Gesundheitssektor bedienen wollen. Wir sagen uns deshalb, dass wir den Spitälern und Gesundheitsinstitutionen nur in den Bereichen Unterstützung anbieten, in denen wir wirklich gut sind. Und das sind die Rekrutierung und das ganze Personalmanagement. Allerdings stellen wir dabei qualitativ hohe Ansprüche, die wir direkt an unsere Kunden weitergeben. Das heisst, lieber einmal mehr Nein sagen, als bloss das Volumen der Vermittlungen aufzublähen. Unser Motto ist, Qualität für alle Beteiligten.

Konkret reden so bei uns bei der Rekrutierung Fachpersonen mit Fachpersonen und es ist niemand involviert, der das Fach nicht kennt. Sprich entweder aus dem Gesundheitswesen kommt oder bereits Rekrutierungserfahrung in dem Pflegebereich mitbringt. Kunden wie Mitarbeitern erhalten also qualitativ hochwertige Beratungen und wir reagieren schnell, zumal uns niemand Fachbegriffe oder Abläufe im Spital erklären muss.

Realisator:
Was war das Erfolgsrezept von Care People?

Aline Coray:
Das werde ich oft gefragt: Wir haben einfach gemacht! Wir suchten Büros, wir wussten, welche Bewilligungen wir brauchen, wir setzten Formulare, Briefe und Broschüren auf. Damit haben wir uns allerdings beeilt, weil wir schon von Anfang an unsere Professionalität unter Beweis stellen wollten. Ausserdem haben wir uns im Team die Arbeit geteilt. Ich war hauptsächlich mit der Gründung und dem Auftritt nach aussen beschäftigt, meine Kollegen kümmerten sich besonders darum, Kunden und Mitarbeiter zu gewinnen und deren Region aufzubauen. So sind wir in der Hoffnung gestartet, auch den gewünschten Erfolg zu haben. Natürlich hatten wir ein Budget und einen Businessplan, wussten, was wir erreichen wollten. Dann galt es dies zu erreichen.

Realisator:
Was war beim Aufbau schwierig, was leichter als erwartet?

Aline Coray:
Schwierig war und ist bis heute die Rekrutierung von guten Mitarbeitern. Für die Beratung ist eine anspruchsvolle Mischung aus gutem Pflegepersonal und Verkäufer gefragt. Menschen mit Freude am Job des Personalberaters und Branchenerfahrung sind aber selten.

Alles andere kannten wir eigentlich und es stellte uns nicht vor grosse Herausforderungen. Was sich als einfacher als erwartet herausstellte, war die ganze Abwicklung der Backoffice-Prozesse. Da haben wir mit Realisator einen sehr guten Partner gefunden. Obwohl wir uns zuvor nicht kannten, war sie uns schon in der ganzen Startup-Phase eine grosse Hilfe, was bereits die Hälfte der Miete war, wenn man das so sagen kann.

Realisator:
Welche Rolle haben neue Techniken wie die sozialen Medien gespielt?

Aline Coray:
In der Startphase, also im ersten halben Jahr, haben die neuen Medien noch keine grosse Rolle gespielt. Wir haben natürlich von Anfang auf das Internet gesetzt, haben eine Webseite, E-Mail und so weiter. Doch Social-Media ist erst heute ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen. Aber zu den digitalen Medien habe ich eine ziemlich pragmatische Einstellung: Weniger ist mehr! Zumal das bei uns auch eine Frage der Ressourcen ist. Momentan sind wir dabei, Facebook aufzubauen. Dann schauen wir weiter. Bei Twitter, Instagram und Co. halten wir uns aber zurück, weil der Aufwand einfach enorm ist.

Realisator:
Wie kommen Sie an qualifiziertes Personal?

Aline Coray:
Wir sind auf Rekrutierung spezialisiert. Es ist unser Kerngeschäft. Dieser Fokus fehlt oft in den Spitälern und anderen Gesundheitsinstitutionen. Ein weiterer Faktor ist unser Netzwerk, die Menschen in der Branche kennen unsere internen Mitarbeiter. Hier profitieren wir sehr viel von der Mund-zu-Mund-Propaganda: Was wir gut machen, wird weitergetragen. Und natürlich machen wir auch klassisches Marketing, schreiben Stellen aus, machen Inserate und sind in den sozialen Medien unterwegs.

Was wir zum Beispiel nicht machen, sind Personal über spezielle Lohnanreize zu gewinnen. Wir konkurrenzzieren unsere eigenen Kunden nicht, was trotz schwarzer Schafe zum Ehren-Codex der Branche gehört. Kurz gesagt, ist uns Transparenz gegenüber allen Beteiligten sehr wichtig.

Realisator:
Wie schätzen Sie die aktuelle Konkurrenzsituation ein?

Aline Coray:
Es gibt ein paar Player, die einen sehr guten Job machen und bei denen wir froh sind, dass sie im Markt gibt. Mühsam wird es, wenn Firmen aus dem Ausland den Schweizer Markt testen oder etablierte Personalanbieter anderer Bereiche es nun im Gesundheitssektor versuchen. Gerade wer neu anfängt, spielt nicht immer mit fairen Mitteln. Also beobachten wir den Markt und reagieren, wenn etwas sehr negativ auffällt und beispielsweise neue Firmen unsere Inserate kopieren. Für Auswüchse muss man genug Luft haben, kann sie aber sonst nur zur Kenntnis nehmen und hoffen, dass sie sich möglichst rasch von alleine erledigen.

Für uns wünsche ich mir, dass es so weiterläuft wie bisher und wir noch weitere Talente für uns intern finden können, die wir weitertragen und entwickeln können. Und schön wäre es, wenn sich der Branchen-Ruf ein wenig bessern würde. Dafür setzen wir uns ein.

Realisator:
Welche Veränderungen sehen Sie im Pflegebereich kommen?

Aline Coray:
Der schon länger bestehende Engpass wird wahrscheinlich bleiben. Wir merken jetzt schon, wie die Anforderungen in der Pflege auf den Diplomstufen sich zu verschieben beginnen. Man füllt Lücken mit Personal, das nicht die ursprünglich gewünschten Qualifikationen mitbringt. Wenn das so weitergeht, hat dies logischerweise qualitative Einflüsse. Man sieht auch, dass in den Abteilungen der Spitäler die Verantwortung pro Person zwar zunimmt, aber die qualitative Zusammenstellung der Pflegeteams dann abnimmt. Zudem wird wegen des Personalengpasses die Pflege am Patienten im Spital immer kürzer und verlagert sich vermehrt auf die Pflege zuhause oder in einer Rehaklinik. – Hier haben wir uns, wie gesagt, mit dem Bereich Privatpflege positioniert.

Ein anderes Problem ist, dass niemand mehr am Wochenende oder in der Nacht arbeiten will. Da müssen teils Spitäler und Heime sich um angepasste Arbeitszeitmodelle bemühen. Weiter reden wir von einer noch immer frauendominierte Branche, weshalb Wiedereinsteigerinnen der Weg erleichtert werden muss, weil uns sonst wichtige Fachkräfte verlorengehen. Die Rekrutierung im Ausland ist hier keineswegs immer eine Alternative. Zumal es auch hier oft Frauen sind, für die es ein grosser Schritt ist, die ganze Familie in die Schweiz zu holen, nur weil sie hier eine Stelle haben.

Realisator:
Im letzten Jahr sind Sie erstmals Mutter geworden. Wie bringen Sie das Berufliche und Private unter einen Hut?

Aline Coray:
Ich arbeite grundsätzlich sehr gerne. Wenn man ein Startup gründet, muss man auch mit Herzblut dabei sein, sonst wird es schwierig. Als ich Mutter wurde, wollte ich, sofern möglich, daran nichts ändern und habe so weitergemacht wie vorher. Und das klappt bis jetzt ganz gut. Nach dem Mutterschaftsurlaub bin ich wieder eingestiegen und arbeite jetzt erneut in einem 100-Prozent-Pensum. Mit meiner Familie und meinem Mann, habe ich mich entsprechend organisiert inklusive Homeoffice. Die digitalen Möglichkeiten erleichtern die Organisation der neuen Situation als Mutter zusätzlich.

Auch an meinen Hobbys hat sich bisher wenig geändert, abgesehen von den zeitlichen Ressourcen. Ich reise sehr gerne, fahre Velo, spiele Tennis oder versuche mich ab und zu beim Golf. Wichtig ist mir dabei, draussen aktiv zu sein.

Realisator:
Vielen Dank für das Gespräch.